Hafenfest Rapperswil



Rapperswil maritim

Text Carmen Wili, Bilder Carmen Wili, Stefano Butti

100 Jahre Dampfschiff Stadt Rapperswil, Oldtimer Boot Treffen, Hafenfest Rapperswil. Ganz ohne Hafenkran!

Vom 23. bis 25. Mai 2014 fand das lang ersehnte Hafenfest und Oldtimer-Treffen mit dem Supplement unserer stolzen Jubilaren-Flotte vom Zürichsee statt. Schon vor zwei Jahren hat unser OBCZ-Präsident das erste Mal von diesem einzigartigen Ereignis an einer GV gesprochen. Lange dauerten die intensiven Vorbereitungen und verdichteten sich je länger je mehr. Die knapp 60 Oldtimer-Boote sollten alle einen ehrenwerten Standplatz im Hafengelände erhalten. Freiwillige Helfer für die grosse Festwirtschaft mussten gefunden werden, und nicht zuletzt musste im Detail klar sein welcher der grossen Jubilaren – DS Stadt Rapperswil Jg. 1914, MS Etzel Jg. 1934, MS Helvetia Jg. 1964 – sich wann und mit welchen Besonderheiten präsentieren werden. Allen voran wurde natürlich unserem DS Stadt Rapperswil zum 100-jährigen Geburtstag gratuliert. Dies mit viel Prominenz und am Freitag bei der Ehrenfahrt begleitet von zahlreichen Schiffen sowie von einer spektakulären Flugshow.

Ich geselle mich am Samstagabend unter die Festgesellschaft. Aufgeregt von Vorfreude sitze ich im Zug und geniesse in meinem maritimen Zinnbecher einen angemessenen Schluck Prosecco. Das Festgelände präsentiert sich idyllisch. Die präzise Ordnung der im Hafen liegenden Oldtimer-Boote wirkt jedoch nicht nur idyllisch sondern geradezu atemberaubend. Mein Herz macht Freudensprünge bei diesem herrlichen Anblick. An der Nord-Mole die alten Segelschiffe, am prominentesten Platz unsere Clubschiffe Ajax und Frösch gefolgt von den zahlreichen bezaubernden Dampfbooten DS Geordie, DS Minette, DS St. Urs – letzterer angereist vom Vierwaldstättersee – und vielen anderen. Auf der gegenüberliegenden Seite die schnittigen Runabout-Boote und edlen Oldtimer-Yachten, abgerundet von den ehrenhaften Motorschiffen San Martino, Gambrinus und Möve. Ich deponiere mein Gepäck auf Stefanos San Martino wo ich die Nacht mitten in dieser herrlichen Schiffswelt verbringen werde.

Geniesserisch lasse ich meinen Blick über diese traumhafte Hafenstimmung, die ich nur von Hamburg, Rotterdam, oder sonstigen Hafen-Gross-Städten kenne, schweifen. Ich schlendere etwas durch die Marktstände am Quai bevor ich meinen Helferdienst im Festzelt antreten darf. In der grossen Lounge bestaune ich den i-Pot, ein mit Kohle aufgeheiztes Wellness-Bad mit Sprudelsystem. Ich bedaure, dass meine 13-jährige Tochter nicht mehr mitkommen will zu solchen Anlässen. Immerhin hätte sie doch Spass haben können an diesem speziellen Jacuzzi-Badeplausch wie zahlreiche – ok, zugegebenermassen jüngere – andere Kinder. Ich treffe einen Freund vom OBCZ und wir spazieren zu den kleinen Dampfschiffen, die reges Interesse der Besucher geniessen. Ich geselle mich auf der Frösch zu einem kleinen Apéro bevor ich im Festzelt den wirklich grossen Apéro serviere. Nicht nur der Apéro ist gross. Die Gesellschaft von 250 Personen, die wir bedienen werden ist gross, die Küchen-Crew ist gross und das Viergang-Menue mit Terrine, Spargelsuppe und einem überaus gelungenen Roast-Beef ist schlicht grossartig. Der Service läuft gut und macht Spass. Wir sind ein gelungenes Team und geniessen nicht weniger Kulinarisches als alle anwesenden Gäste. Zwischendurch werden Reden gehalten, sich amüsiert und applaudiert. Gegen Ende unterhält ein wunderbarer Shanty-Chor die Gäste, die ihren Portwein geniessen. Interessante Begegnungen, reger Austausch und grosse Freude vollenden den Anlass.

Ab Mitternacht wird es ruhiger. Einige fahren nach Hause, andere ins Hotel und viele übernachten im Hafen. Wir flanieren durch die stimmige Hafenpromenade und verköstigen uns in einer kleinen Gruppe mit diversen Schlummer-Drinks.

Die Nacht liegt über dem Hafen. Eine Geräuschkulisse von ein paar jugendlichen Nachtvögeln mischt sich mit dem Plätschern unserer geliebten Heck-Dusche auf dem San Martino. Unserer traditionellen Heck-Dusche wegen hat Stefano sein Juwel absichtlich mit dem Heck gegen den See parkiert. Ich bin begeistert! Die Nacht wird je länger je ruhiger, der Wasserspiegel bleibt die ganze Nacht spiegelglatt. Alles schläft.

Ich erwache um 9.30 Uhr. Die Kapitäne müssen gleich los zum Skipper-Meeting, der Segel-Oldtimer-Regatta wegen, und meine Eltern melden ihre Ankunft um 10 Uhr an. Die Ruhe nimmt ein abruptes Ende und das Fest mit allen seinen Darbietungen wieder seinen Lauf.

Meine Eltern besuchen zuerst das DS Rapperswil und sind stolz, dass sie meinetwegen unter privater Führung das Steuerhaus besuchen dürfen. Und ich bin umso stolzer, dass ich Ihnen – und mir! – eine exklusive ‚VIP-Fahrt’ auf dem DS Geordie bieten kann. Wir sind eine kleine Gruppe in der Obhut der Eigner Werni und Anita und legen unter herrlichem Gepfeife ab. Kein Rauch ist so schön wie jener aus dem Kamin eines Dampfers, und ich empfinde die kleinen Russpartikel, die sich auf meiner Haut und meinem Kleid absetzen als Genuss. In der gemütlichen Kabine serviert Anita einen wunderbaren Weisswein in Zinnbechern während wir uns nebst Bestaunen der Dampfmaschine der Segel-Regatta nähern, wo San Martino Aufsicht hält. Stefano steigt auf sein Schiff um während wir uns dröhnend und im grossen Radius winkend verabschieden. Die Dampfschiffe geniessen das Privileg des grosszügigen Rauchens und Pfeifens ganz besonderes und damit auch die grosse Aufmerksamkeit der Besucher.

Nach einer Runde Fischknusperli im Hafengelände macht sich ein Gedränge bei den Anlegestellen bereit. Die 50-jährige blumengeschmückte MS Helvetia legt ab. Sie wird begleitet von einem Shanty-Chor der sich auf dem Bug des DS Rapperswil installiert hat. Begeisterter Applaus der dicht gedrängten Menschenmenge goutiert die hohe Qualität des tiefen Männer-Gesangs. Während sich die Helvetia entfernt nähert sich geradezu liebevoll unser 80-jähriger Etzel mit dem ich anschliessend zurück nach Zürich fahren werde.

Nach einem Glas ‚Etzel-Wy’ lege ich mich auf eine Bank auf dem Vorschiff des MS Etzel, lausche dem knurrenden Motor nach und döse mit einem Lächeln im Gesicht und begleitet von den zahlreichen erlebten Eindrücken bis zum Zürcher Seebecken vor mich hin. Von mir aus könnte alle drei Jahre ein solches Fest stattfinden, es braucht noch nicht einmal einen Hafenkran dazu.