Abenteuer Linthkanal und Walensee im August 2013

Ein Bericht von Carmen Wili

Was mit unserem OBCZ Clubschiff ML Ajax bereits in den 40er Jahren gelang nehmen wir uns heute ebenfalls vor zu erleben. Eine abenteuerliche Schifffahrt durch vier Kantone und eine Stromschnelle. Ein immer seltener mögliches Glück.

Er hängt noch in der Luft, der an schlecht gesäuberte Toiletten erinnernde Nachgeschmack der vergangenen Streetparade. Sonst ist es ein wahrlich herrlich sommerlicher Sonntagmorgen als wir, eine Gruppe von neun Personen mit Käpten Jo's MS Zürichsee am Bürkliplatz Zürich ablegen. Gemütlich tuckern wir seeaufwärts. Jo und ich freuen uns die Gruppe, die ihren Stamm-Ausflug geniesst, kennen zu lernen. Wunschgemäss serviere ich um punkt 11 Uhr – eine immer wieder herrliche Uhrzeit für einen Apéro! - den kühlen Prosecco und das von Isolde spendierte edle Sprüngli-Salzgebäck.

Robert, unser Linthkanal-Kapitän, informiert uns, dass der Pegelstand des Kanals nicht die nötigen 419m ü/M misst. Die Höhe liegt hauchknapp darunter. Wir werden uns je länger je mehr bewusst, dass es alles andere als eine Selbstverständlichkeit ist, das Abenteuer Linthkanal erleben zu dürfen. Die Checkliste für eine gelingende Durchfahrt ist lang: Pegelstand, Bewilligung, Wetter, Organisation, geeignetes Schiff, etc. Unsere MS Zürichsee ist zu schwach um es über die Stromschnelle zu schaffen. Auch vom Tiefgang her eignet sie sich schlecht. Der mit einem 150 PS starken Honda Aussenborder ausgerüsteten Alu-Trimaran von Robert, auf den wir später umsteigen werden, erfüllt all die nötigen Bedingungen perfekt. Wir freuen uns, als er uns etwas später bestätigt, dass die Fahrt definitiv möglich sei.

Ein Mittagessen in Meilen ist uns zu früh, in Bollingen eher zu spät, wir entscheiden uns für das dazwischen liegende Restaurant Schiff in Pfäffikon und lassen uns ein Anlegeplatz reservieren. Die Herzlichkeit der Gastgeber ist altbekannt und immer wieder schätzenswert. Dies vertritt auch der überaus freundliche und engagierte Angestellte aus dem Bündnerland. Der Service ist top und tatsächlich eine heute nicht alltägliche Selbstverständlichkeit mehr. Wir wählen das empfohlene Fischmenue. Die Felchen und Egli aus dem Zürichsee sind wahlweise zubereitet als gebacken, in brauner Butter gebraten oder an einer mit Petersilie versehenen Weissweinsauce genannt ‚à la Urgrossmutter’. Der passende Weisswein rundet das Gourmeterlebnis ab.

Ich freue mich ganz besonders als ich kurz bevor wir ablegen das vertraute Dröhnen des einfahrenden DS Geordie vernehme. Freudig begrüsse ich meine Freunde mit denen ich am Hafengeburtstag Hamburg war. Werni, der Eigner maövriert seinen Juwel gekonnt in den Hafen während Ueli der Heizer, ganz in seinem Element, das Horn betätigt und die schöne Anita die Leinen bereithält. Wir überlassen der Geordie Crew unseren Platz am Steg und fahren weiter durch den mittlerweile erreichten Kanton Schwyz.

In Schmerikon erwartet uns Robert. Wir machen die MS Zürichsee bei der JMS an einem Ledischiff fest und verlassen sie. Lässig setzen wir uns auf die einladenden Loungesofas des Floatboats und ab geht’s, etwas rasanter, an der Bätzimatt vorbei zur Kanalmündung.

Beeindruckt erleben wir die durch die erst kürzlich abgeschlossene Renaturierung neu entstandene Landschaft. Unglaublich wie ruhig sich das mit grosser Kraft entgegenkommende Wasser verhält. Beat erklärt uns einiges über die Geschichte des 17 km langen Linthkanals. Er erwähnt auch die Renaturierung, ein mehrjähriges 127 Mio. CHF verschlingendes Riesenprojekt. Der Kanal wurde saniert, verbreitert, renaturiert und den Anforderungen des Hochwasserschutzes angepasst. Es wurden Steil- und Flachufer angelegt. Dies soll den Nährboden für Auen schaffen. Anstelle von Alleen wurden an vielen Orten Bäume und Gebüsche zu Nischen zusammengefasst, wo zusätzlich Bänke zum Verweilen einladen.

Die Aenderungen am Kanal lassen uns nicht unbetroffen. Zwei Mal rumpelt es erschreckend unter dem Motor. Wir drängen uns alle nach vorne um das Heck möglichst anzuheben und die Schraube nicht noch mehr in Mitleidenschaft zu ziehen. Mir wird klar, dass so ein Abenteuer mit der ML Ajax in der Neuzeit definitiv nicht mehr möglich ist.

Wir tuckern an Bilten und Benken vorbei, über uns die führt die Autobahn A3 mit bedeutend schnellerer Mobilität vorbei, und wir sind alle sehr gespannt auf die Stromschnelle Biäsche bei Ziegelbrücke. Und da kommt sie auf uns zu. Nahe der Eisenbahnbrücke zeigt sie uns ihre schäumenden Kräfte. Vorbei mit der idyllischen Ruhe des Wasserspiegels. Konzentriert manövriert uns Robert über das tosende Wasser. Was für ein Erlebnis! Wir driften zwar reichlich nach steuerbord nahe ans Ufer ab, aber die guten Kräfte des Boots führen uns schnell wieder in die Mitte. Und schon ist der Spuk vorbei und die Ruhe macht sich wie angerührt wieder breit. Wir applaudieren und freuen uns auf die Ortschaft Weesen, die gleich nach der Kanalmündung direkt am Walensee liegt.

Ein genüsslicher Apéro erwartet uns im Hotel Flyhof wo wir die Nacht verbringen werden. Das historische und denkmalgeschützte Haus mit privatem Badestrand liegt an ruhigster Lage am südlichen Rand von Weesen. Wir bestaunen die Einrichtung von zahlreichen alten Bauernmöbeln und sonstigen rustikalen Antiquitäten. Ganz entzückend auch die effektvollen in den Fenstern eingelegten Butzenscheiben.

Das Nachtessen zeichnet sich ganz in der Philiosphie der Wirte aus. Verwendet werden bevorzugt Schweizer Produkte aus Berg, Wiese, Fluss und See. Die nächtliche Ruhe erlaubt es, die ganze Nacht mit offenem Fenster zu schlafen. Sogar mir !!!
Am folgenden Morgen gönne ich mir ein herrlich erfrischendes Bad im Walensee und wir geniessen das Frühstück mit ganz besonders frischen ‚Gipfel’ im Freien.

Weiter geht unsere Walensee-Reise entlang der Bergfelsen, an Betlis vorbei, richtung Quinten wo wir den Qunitner Gäntli als Apéro im Seehuus kosten. Im autofreien Quinten liegt auch eine der sechs offiziellen Schiffsanlegestellen des Walensees.

Hier wendet sich unsere Reise auf den Heimweg. Wir fahren via Glarnerland zurück, schauen noch kurz in die Mündung des Escherkanals, bevor wir uns bei starkem Gegenwind wieder in den Linthkanal ziehen lassen. Jo lenkt das Schiff über die Schwelle, welche uns diesmal in kaum vernehmbarer Schnelligkeit über sich selbst katapultiert. Vorsichtig und stets auf die Untiefen konzentriert fahren wir zurück zum Obersee und steigen wieder um auf die vertraute MS Zürichsee. Ich bringe das Floatboot nach Hurden in seinen Heimathafen, wo wir noch kurz die edlen Villen bestaunen, und freue mich sehr auf das Nachtessen, das uns als Abschluss in Stäfa erwartet.

Im Fischrestaurant Schützenhaus geniessen die meisten unserer Gruppe den Faustfisch, den man mit den Händen isst. Jo und ich bestellen ein Tartar. Was für ein gefreuter und gut gelaunter Abschluss! Sogar dem Stromausfall, der halb Stäfa passiv legt, mögen wir ausweichen.

Der romantische Sonnenuntergang der unsere Rückfahrt nach Zürich begleitet lässt uns nochmals über alle die schönen Eindrücke und Erlebnisse der vergangenen zwei Tagen sinnieren. Mit Bestimmtheit ist es keine Selbstverständlichkeit ein so besonderes Abenteuer unter diesen guten Bedingungen erleben zu dürfen.